Text und Foto: Ann-Christin Frank (wn)
„Einen solchen Stall gibt es derzeit noch nicht in Deutschland. Es gibt einige Tierwohlställe, die nach einem ähnlichen Konzept umgebaut wurden, aber noch keinen Neubau, so wie ich ihn plane“, sagt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Ascheberg, Bernd Mersmann, der in den kommenden Monaten einen Tierwohlstall der Haltungsform 4 auf seinem Hof umsetzten will.
Mehr Platz für 880 Mastschweine
Die ersten Erdmassen sind auf der für den Stall vorgesehenen Fläche bereits in Bewegung. Auf einer Fläche von 68 Metern Länge und 26,5 Metern Breite sollen dann rund 880 Mastschweine Platz finden. „In dem Tierwohlstall dieser Haltungsform steht den Schweinen das doppelte Platzangebot zur Verfügung als gesetzlich vorgegeben“, erläutert Mersmann.
Der Stall biete den Tieren verschiedene Bereiche, darunter Ruhe- und Schlafzonen, Aktivitätsbereiche, in denen die Schweine auf Stroh liegen. In einem Kotbereich mit Spaltenboden werde die Flüssigkeit direkt von den festeren Komponenten getrennt. „Durch diese Trennung werden weniger Emissionen erzeugt und man kann den Stall ohne Luftwäscher bauen“, sagt Mersmann, der mit dem neuen Stall über 60 Prozent weniger Emissionen erzeugt.
Da der Hof des Landwirts an ein Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (aufgrund der Nähe zur Davert) angrenzt, sind die Stickstoffemissionen streng reguliert, da die Lebensräume von Tieren und Pflanzen in den FFH-Gebieten nach EU-Recht streng geschützt sind. Ein entsprechender Luftwäscher für den Schweinestall sei bei einem über die Jahre gewachsenen Betrieb wie seinem sehr teuer und für alte Stallungen auch gar nicht gut umsetzbar, begründet Mersmann seine Entscheidung, jetzt einmal alles richtig anzupacken und einen neuen Stall zu erreichten.
Haltungsform 4 bietet Tieren doppelt so viel Platz wie gesetzlich gefordert
Rund eine Million Euro investiert der Landwirt in mehr Tierwohl. Die Haltungsform 4 stellt die höchsten Bedingungen an eine tierwohlorientierte Nutztierhaltung und schließt auch Bio mit ein. Eine Biohaltung hat Mersmann bisher nicht für seinen Stall vorgesehen, „dennoch wird dieser so gebaut, dass eine Umrüstung auf Bio möglich wäre“. Nach drei Seiten hin ist der Stall offen für Außenklimareize.
Mersmann selber arbeitet in einem geschlossenen System, das heißt er hat auf seinem Hof auch Sauen und Ferkelaufzucht und alle Tiere, die bei ihm geboren werden, bleiben bis zur Schlachtreife auf dem Hof.
Fördermittel von der EU
Für die Umsetzung seines Tierwohlstalls hat Mersmann Fördermittel von der EU bekommen. Aber Förderungen seien nur eine Komponente, denn das Ganze müsse sich auch lohnen. Mit Blick auf die Einkäufer und Supermärkte, die ebenfalls signalisiert haben, schneller die Haltungsformen 3 und 4 zum neuen Standard zu machen, müsse der Verbraucher am Ende auch bereit sein, den höheren Preis zu zahlen.
„Wenn der Kunde das geschmacklich nicht merkt, dann ist die Bereitschaft auch nicht da, mehr zu zahlen, daher muss man den Unterschied in der Haltung sehen“, sagt Mersmann und zeigt sich zugleich offen dafür, dass Konsumenten mit ihm über den Tierwohlstall ins Gespräch kommen.
Er selbst stehe voll hinter dem Konzept, denn Mersmann beschäftigt sich seit nunmehr fünf Jahren gedanklich mit dem Umbau der Stallungen. „Ich habe hier Ställe aus dem Baujahr 1953, die kann man nicht umbauen“, erläutert der Landwirt und ergänzt: „Ich habe nach dem Prinzip ganz oder gar nicht gehandelt, denn es ist auch nicht möglich, zwei verschiedene Haltungsformen auf einem Hof zu betreiben. “
Kirchhege 3, 59387 Ascheberg, Deutschland